Forschen im Wohnzimmer

Wissenschaftler beantworten Fragen
Im Labor haben die japanischen Forscher bereits drei Proteine ausfindig gemacht, die mit einem bestimmten Krebstumor in Verbindung gebracht werden. Drei Millionen Wirkstoffe kommen in Frage, die die Proteine blockieren könnten. Und hier kommen die Cruncher ins Spiel: Sie ermitteln die geeignetsten Wirkstoffe, bevor die Forscher dann in der Realität ihre Verbindung mit den Proteinen testen. Auf der Homepage des Projekts schreiben die Forscher, dass ihre Untersuchung mit ihrer Rechnerinfrastruktur etwa 8.000 Jahre dauern würde. Mit der Hilfe der Crowd sollen es nur zwei Jahre sein.

Die Cruncher selbst haben nur selten die nötige wissenschaftliche Ahnung, um ein solches Forschungsprojekt in Gänze zu verstehen. „Ich muss mich nicht mit den Proteinen auskennen, die ich bei den Krebsforschungen berechnen soll“, sagt Hoshione. Wer will, kann die Forscher allerdings online befragen und so selbst etwas dazu lernen. Das ist für viele Unterstützer ein wichtiger Anreiz.

Wer mitforschen will muss nur die Software – die bekannteste und kostenlose heißt BOINC – aus dem Internet laden, installieren und kann sich hinterher für beliebig viele Projekte registrieren. Das Programm kann sich dann in Form des Bildschirmschoners einschalten oder läuft komplett im Hintergrund und greift ungenutzte Prozessorzeit ab. Es lädt Arbeitspakete aus dem Netz herunter und schickt die Ergebnisse an die Server der Uni zurück, wenn es zu Ende gerechnet hat. Dort werden die Daten dann zusammengesetzt und ausgewertet.

Cruncher wie Hoshione sehen nicht, was der Computer gerade berechnet, können sich aber nach Abschluss der Berechnungen über die Ergebnisse ihrer Arbeit informieren. Man sollte sich die Projektbeschreibungen gut durchlesen bevor man daran mitrechnet, rät Hoshione. Es sei schließlich auch möglich, die Rechenkapazität zu missbrauchen – etwa, um Verschlüsselungscodes zu knacken.

Suche nach Primzahlen

Bei dem Projekt PrimeGrid suchen die Hobby-Forscher nach besonders großen Primzahlen. Holländische Mathematiker starteten das Projekt 2005. Mittlerweile ist es im Team von SETI.Germany das meistgerechnete Projekt.

Wie sich die Milchstraße verändert

Ein dreidimensionales Modell der Milchstraße zu erstellen ist das Ziel von MilkyWay@Home. Die Cruncher untersuchen, wie sich die Form der Milchstraße in den vergangenen Jahrmillionen verändert hat.

Suche nach Außerirdischen

Wohl das bekannteste Projekt des Verteilen Rechnens ist SETI@home. Es wertet Daten großer Radioteleskope auf der ganzen Welt aus. Die Hoffnung der Forscher: Hinweise auf Außerirdische im Universum zu finden. Bisher ist das allerdings nicht gelungen.

Krankheiten bekämpfen

Mit Folding@Home helfen die Cruncher dabei, Krankheiten wie Alzheimer und Krebs zu bekämpfen. Bei dem Projekt werden Versuche mit Proteinen simuliert. Die Forscher der amerikanischen Universität Stanford erhoffen sich Erkenntnisse über die Funktion der Eiweiße, um Therapien zur Bekämpfung verschiedener Krankheiten entwickeln zu können.

Hatte Albert Einstein Recht?

Mit Einstein@Home versuchen die Hobby-Forscher, die von Albert Einstein vorhergesagten Gravitationswellen nachzuweisen. Seine allgemeine Relativitätstheorie geht von Wellen in der Raumzeit aus, deren Nachweis bisher allerdings nicht gelungen ist. Mit ihren Heim-Computern werten die Cruncher Messdaten von drei Detektoren aus.

Rechnen für sauberes Trinkwasser

Das World Community Grid vereint mehrere Projekte des Verteilten Rechnens. Bei Computing for Clean Water beispielsweise stellen die Computer Berechnungen an, mit deren Hilfe Nanotechnologien zum Filtern von Wasser entwickelt werden können. Ziel ist es, für mehr sauberes Trinkwasser weltweit zu sorgen.

Suche nach Aliens
Angefangen mit dem verteilten Rechnen hat Hoshione im Jahr 2000, als ihn Freunde aus den USA auf ein Projekt aufmerksam machten: SETI@home. Mit Hunderttausend anderen suchen sie nach Außerirdischen. Radioteleskope zeichnen dazu das Hintergrundrauschen im Universum auf und verwandeln es in Daten. Die Computer durchforsten die Daten nach Abweichungen, die auf Anzeichen außerirdischer Intelligenz schließen lassen. Mittlerweile rechnet Hoshione seit über zehn Jahren mit, zusammen mit 2.000 anderen Crunchern im deutschen SETI-Team. Aliens haben sie bisher allerdings nicht gefunden.

Um vielleicht doch noch welche zu finden, lassen sich die Cruncher Kniffe einfallen, die ihre Computer leistungsfähiger machen. „Ich kann zum Beispiel auch die Grafikkarte meines Computers mitrechnen lassen“, erklärt Hoshione. Denn je mehr er berechnet, umso mehr Punkte erhalten er und sein Team. „Am Ende des Tages in der Rangliste weiter oben zu stehen, ist schon schön“, sagt Hoshione.

Der Preis des Mitforschens: Eine höhere Stromrechnung, weil der PC länger läuft und mehr leisten muss. Unterm Strich mache das mindestens 20 Euro Mehrkosten pro Monat aus, sagt Hoshione. Das nehmen er und seine Frau allerdings gerne in Kauf, genauso wie das permanente Rauschen und Summen des PCs. Forschen ist eben das größte Hobby von Hoshione.

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