Das Rinder-Net

Welche Stallarbeiten übernehmen Roboter noch?
Gleich nach ihrer Geburt bekommen die Kälber auf seinem Hof ein Halsband mit einer Nummer umgelegt. Es ist ihr individueller Code, über den alle Automaten erkennen, mit welchem Tier sie es zu tun haben. Das Besondere an diesem Halsband ist der kleine Transponder, in dem der Code noch einmal elektronisch gespeichert ist. Über diese Transponder erkennt und speichert das System die Bewegungen der Tiere. Ohne solche Halsbänder würden viele Abläufe auf dem Hof nicht automatisch funktionieren.

Zum Beispiel das Tränken der neu geborenen Kälber. Jedes Kälbchen bekommt seine Milchration von einem Tränkautomaten individuell zugeteilt. Am Halsband erkennt die Maschine, welches Kalb vor ihm steht, per Infrarotlicht liest sie den Transponder aus und vergleicht die Nummer mit den Informationen in der Datenbank. Keines der Kälber soll zu viel oder zu wenig zu trinken bekommen. Also prüft die Maschine, wie alt das Kalb ist, wie schwer, und wann es zuletzt etwas getrunken hat.

Der Hof 40 Kilometer südwestlich von Bonn ist ein Milchbetrieb, männliche Kälber werden von der Familie Bützler an Mastbetriebe verkauft. „Das ist hier ein reiner Damenverein“, sagt Bützler, „und wie Menschen geben auch Kühe nur Milch, wenn sie ein Junges geboren haben.“ Umso wichtiger ist es, die Zeitspanne abzupassen, in der die Kuh brünstig ist, in der sie also besamt werden kann. Die Brunst hält nur etwa 12 Stunden an. „Ob das Rind brünstig ist, erkenne ich daran, ob es sich hektisch bewegt, aber ich kann ja nicht die ganze Zeit bei allen Tieren gleichzeitig sein“, sagt Bützler. Dabei helfen ihm erneut die Halsbänder: Die registrieren, wie viel sich eine Kuh bewegt. Wenn sie sich besonders wenig bewegt, ist sie wahrscheinlich krank. Ist sie hingegen sehr aktiv, ist das ein verlässlicher Hinweis darauf, dass sie brünstig ist.

Es gibt noch mehr Technik im Stall: Zwei Rückenbürsten, die aussehen wie in einer Autowaschanlage, massieren die Rinder, wenn diese sich darunter stellen. „Da kommt es schon mal zu kleinen Staus vor der Bürste“, scherzt Bützler. „Wie vor der Waschstraße.“ Sogar das Ausmisten funktioniert bei Bützlers vollautomatisch: Ein kleiner Roboter fährt langsam seine programmierte Route durch den Stall ab und reinigt den Boden.

Die neueste Errungenschaft des fortschrittlichen Bauern: Eine App, mit der er auf die Daten des Stalls zugreifen kann. Er hat vier Web-Cams installiert, über die er jederzeit auf seinem Smartphone sehen kann, wie sich seine Kühe im Stall verhalten. „Damit kann ich dann vom Bett aus oder unterwegs schauen, ob bei meinen Kühen alles in Ordnung ist“, sagt Bützler. Wenn es mal ein Problem an der Melkanlage gibt, beispielsweise ein Schlauch am Roboter sich löst, dann ruft das System Bützler auf seinem Smartphone an und meldet mit Computerstimme den Fehler.

Alle Informationen laufen auf dem zentralen Computer im Büro des Stalls zusammen. „Das ist mein Kontrollzentrum“, sagt Bützler, „hier kann ich alle wichtigen Information über die Kühe auf einen Blick sehen.“ Milchertrag, Gewicht, Aktivität jeder einzelnen Kuh, aber auch die Milchproduktion der ganzen Herde, alles zeigt der Computer in bunten Grafiken an. „Wir haben sogar ein Bauern-Facebook“, scherzt Bützler und zeigt auf eine Tabelle, wo die Milcherträge befreundeter Bauern angezeigt werden. „Es ist manchmal ganz beruhigend zu sehen, wenn es bei einem selbst nicht so gut läuft, dass es den anderen genauso geht“, sagt Bützler.

Wer aber glaubt, dass der Mensch im Kuhstall überflüssig geworden ist, liegt falsch. „Tiere werden auch mal krank und müssen gepflegt werden, die Technik muss gewartet werden“, sagt Bützler. Die Arbeit sei nur eine andere geworden. Während Bützler früher zusammen mit seinem Vater 100 Kühe halten konnten, sind es heute 200. Und wenn Bützler mal krank ist, läuft der Betrieb trotzdem weiter.

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