Stadtgeschichte per Mausklick
2009 stürzte das Historische Archiv der Stadt Köln ein. Daraufhin gründete eine Initiative das mittlerweile größte digitale Archiv Deutschlands. Hier werden verloren geglaubte Dokumente rekonstruiert.
Skizzen von Säulen, Strichgrafiken von Türmen und Querschnitte von Gebäuden: Im 16. Jahrhundert hat der Landvermesser und Astronom Hans Wosegin aus Elden ein mehr als 500 Seiten dickes Notiz-Buch mit solchen Zeichnungen gefüllt. Viereinhalb Jahrhunderte später kann man es einfach von Zuhause vorm eigenen Bildschirm durchblättern.
Möglich macht das das Digitale Historische Archiv der Stadt Köln, kurz DHAK. Mit rund drei Millionen Dokumenten ist es das größte digitale Archiv in Deutschland. Sie alle sind über die Internetseite zugänglich und damit von überall auf der Welt abrufbar.
Dabei ist die Geschichte des digitalen Archivs noch jung. Sie begann mit dem Einsturz des Historischen Archivs im März 2009, als fast 90 Prozent der Archivbestände verschüttet wurden. Danach war das Entsetzen groß unter den Historikern in Deutschland: Wie viele Dokumente würden noch zu retten sein? Wie viele historische Urkunden hatten Schutt, Staub und Wasser zerstört? Wenige Tage nach der Katastrophe gründeten der Verein Prometheus und die Abteilung für Rheinische Landesgeschichte der Universität Bonn deshalb das DHAK.
Die Initiative sollte die Suche nach Dokumenten koordinieren, die sie bei Kölner Bürgern vermuteten. Dokumente, die Archivnutzer beispielsweise bei einer Recherche als Fotografie oder Kopie mit nach Hause genommen hatten. Ehrenamtliche Helfer programmierten die Plattform innerhalb weniger Tage. Unterstützer stellten kostenlos Server zur Verfügung. „Die Resonanz war riesig“, erinnert sich Andreas Berger, Sachgebietsleiter für Digitalisierung, Bibliothek und Benutzung des Archivs. „Noch bevor wir die Internetadresse öffentlich bekannt gegeben haben, strömten Hunderte Besucher auf die Seite.“
250 Regalmeter neue Akten pro Jahr
Mittlerweile haben die Nutzer des Historischen Archivs rund 20.000 Kopien wichtiger Dokumente eingesandt. Von mittelalterlichen Urkunden bis zu Verwaltungsakten ist alles dabei. Zwar sind nur rund fünf Prozent der Dokumente des Stadtarchivs beim Einsturz zerstört worden – weit weniger als am Anfang befürchtet. Manche von ihnen ließen sich aber tatsächlich nur durch das digitale Archiv rekonstruieren.
Auf dem offiziellen YouTube-Kanal des Stadtarchivs veröffentlichen Mitarbeiter seit kurzem Filme und Informationen rund um ihre Arbeit.
Das DHAK verfolgt aber nicht nur das Ziel, zerstörte Dokumente zu retten. In einem unscheinbaren Gebäude an der Frankfurter Straße in Köln-Wahn digitalisieren zwölf Mitarbeiter des Historischen Archivs auch das, was sie nach dem Einsturz retten konnten und noch im Original verfügbar ist. Bisher wurden rund neun Millionen digital aufbereitet. Drei Millionen Dokumente davon sind über die Seite des Stadtarchivs erreichbar.
Wie die Mitarbeiter des Archivs aus Fehlern der NASA gelernt haben, lesen Sie auf Seite 2.
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